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# KOMMUNIKATION

Warum Ihre Stellenanzeige „weiblicher“ werden sollte – und warum das längst nicht reicht

Wieso gibt es immer noch so wenig Frauen in Führungspositionen? 

Einer der vielen Gründe: Sie bewerben sich gar nicht erst darum – zumindest beklagen das die Verantwortlichen in Personalabteilungen. Eine Erklärung für die verhältnismäßig geringere weibliche Resonanz auf entsprechende Stellenausschreibungen könnte in der Sprache liegen. Zu dem Schluss kommen jedenfalls Forscherinnen der TU München, die männliche und weibliche Bewerber mit unterschiedlich formulierten Stellenanzeigen konfrontierten. Das Ergebnis: Stereotyp männliche Sprache schreckt Bewerberinnen ab. Männer dagegen lassen sich von weiblichen Formulierungen praktisch nicht irritieren.

Was aber ist „männliche“ und „weibliche“ Sprache? Und geht es dabei wirklich um eine geschlechtsspezifische Frage?

Typisch „männliche“ Formulierungen in der Studie waren etwa: zielstrebig, durchsetzungsstark, analytisch, offensiv, selbstständig. „Weibliche“ Formulierungen dagegen: engagiert, verantwortungsvoll, kontaktfreudig. Trennt die Sprache hier nun tatsächlich Männer von Frauen? Oder geht es eigentlich um zwei völlig verschiedene Anforderungsprofile?

Anstatt mit „männlich“ und „weiblich“ könnte man die beiden Wortlisten auch anders überschreiben: „Yin“ und „Yang“, wenn Sie ein Faible für östliche Philosophie haben. „Linkshemisphärisch“ und „rechtshemisphärisch“, wenn Ihnen das populäre Bild von der Aufteilung unserer Fähigkeiten auf zwei Gehirnhälften mehr zusagt (das wissenschaftlich betrachtet allerdings nur bedingt zutrifft, wie Prof. Onur Güntürkün von der Uni Bochum hier erläutert). Als sprachwissenschaftlich interessierte Person fällt Ihnen dazu vielleicht die „Sachebene“ und „Beziehungsebene“ in der Kommunikation ein. Und als Personaler? Als jemand, der eine Stelle im Unternehmen mit dem möglichst ideal passenden Menschen zu besetzen hat? Dann sollten Sie sich fragen – bevor Sie Ihre Anzeige schreiben – welche Qualitäten Sie wirklich erwarten.

Solange Sie das „technische“ Anforderungsprofil aus Ihrer Fachabteilung 1:1 widerspiegeln, bewegen Sie sich auf der Sachebene. Man versteht, WAS Sie wollen. Was dabei zu kurz kommt: Welche „weichen“ Fähigkeiten sind Ihnen wichtig? WIE fühlt es sich an, bei Ihnen zu arbeiten? Ein erfolgreiches Unternehmen braucht den ganzen Menschen – die „blauen“ Qualitäten (Fachkenntnis, Zielstrebigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Prozessorientierung, analytische Fähigkeiten ...), aber ebenso die „roten“ (Begeisterung, Empathie, Mut, Kreativität, Kontaktfreude, Kommunikation ...). 

Erfolgreiche Texte für Stellenanzeigen sind also weder „weiblich“ noch „männlich“, sondern verstehen es geschickt, beide Seiten im Menschen anzusprechen.

Testen Sie die Wirkung selbst. Hier sehen Sie jeweils eine eher „fette“ und eine eher „fett-kursive“ Stellenanzeige aus ein und demselben Unternehmen – wie wirken die Texte auf Sie? Welche Bilder lösen sie aus? Achten Sie auf Schlüsselworte wie „strategisch“ und „forciert“ gegenüber „lieben“, „verstehen“ und „genießen“.

„Sie sind zielgerichtet und haben ein Flair für pragmatische Lösungsansätze und kennen sich im BVG aus? ... Um sich diesen Herausforderungen besser stellen zu können und damit diese strategisch wichtigen Aufgaben forciert werden können, suchen wir ab sofort eine/n erfahrene/n ...“

„Sie lieben Ihren Alltag als Kundenberater/in im Außendienst. Sie verstehen die Bedürfnisse Ihrer Privat- und Geschäftskunden. Sie wissen, dass Sie diese als Repräsentant/in der XY Firma optimal und umfassend aus einer Hand befriedigen können: Bei uns spielen Sie die ganze Klaviatur im Bereich Versicherung, Vorsorge und Vermögen und genießen dadurch einen einmaligen und entscheidenden Wettbewerbsvorteil.“ 

Zum Weiterlesen:

Die Pressemitteilung der TU München zu der Studie
Und auch „Der Spiegel“ berichtete darüber
                                    
 

Alexander Szugger
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